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MARTHA TAUSK
Politikerin

Geboren als Martha Frisch am 15. Jänner 1881 in Wien, gestorben am 20. Oktober 1957 in Nijmegen (NL)

Bezug zu Graz: lebte von 1917 – 1928 in Graz;
Erste Frau in der provisorischen Landesversammlung der Steiermark (1918) Neben Marie Kaufmann und Olga Rudel-Zeynek (beide christlichsozial) als erste Frau für die sozialdemokratische Partei im steirischen Landtag (1919)

Tätigkeit: Politikerin und im Vorstand der Allgemeinen Arbeiter-Krankenkasse (heute Gebietskrankenkasse)
Ausbildung: Handelsschulabschluß, Privatunterricht bei Marianne und Auguste Fickert
Familie: verheiratet mit Viktor Tausk (Psychoanalytiker), 2 Söhne (Marius und Viktor Hugo), geschieden

Umfeld:
Sozialdemokratische Partei, „Kirschenrummel“



Martha Tausk

Martha Tausk geborene Frisch wurde 1881 in Wien in eine sozialdemokratische Familie geboren. Ihr Vater betrieb eine kleine Druckerei, in der die ersten Nummern der Arbeiter–Zeitung gedruckt wurden. Martha und ihr Bruder erhielten Privatunterricht bei Marianne und Auguste Fickert. (Auguste Fickert war Aktivistin der liberalen bürgerlichen Frauenbewegung)
Gemeinsam mit der späteren Physikerin Lise Meitner besuchte Martha einen Gymnasialkurs, der sie auf die Matura vorbereiten sollte, für Mädchen ihrer Herkunft durchaus nicht üblich.
Martha Frisch hatte diesen Kurs aber nicht abgeschlossen. 1900 heiratete sie den späteren Psychoanalytiker Victor Tausk. Mit ihm verbrachte sie die ersten Jahre ihrer Ehe in Bosnien. Nach einigen Jahren kehrte die Familie – inzwischen waren zwei Söhne geboren, nach Wien zurück.
Die Ehestreitigkeiten führten schließlich zur Scheidung im Jahr 1908. Martha Tausk stand vor der Situation, dass ihr die Vormundschaft über ihre beiden Söhne nicht zugesprochen wurde (was in dieser Zeit üblich war), auch wenn sie allein für die Erziehung ihrer Söhne aufkam und nur sehr unregelmäßig und wenig finanzielle Unterstützung von ihrem Mann bekam.

Martha Tausk arbeitete in Wien als Buchhalterin und lebte mit ihren Kindern in sehr einfachen Verhältnissen.
Noch vor dem ersten Weltkrieg hat sie sich den SozialdemokratInnen angeschlossen und als Rednerin ihr rhetorisches Talent unter Beweis gestellt. Ihr Interesse galt den Arbeiterinnen, ihrer Lebenssituation und ihren Rechten und natürlich dem Frauenwahlrecht, das in Österreich 1918 nach langen Kämpfen eingesetzt wurde.
Von Hans Resel wurde Martha Tausk 1917 nach Graz geholt. Sie lebte mit ihren Kindern in der Netzgasse 4 im Bezirk Lend.
Nach dem Ende des ersten Weltkrieges zog Martha Tausk als erste weibliche Abgeordnete der sozialdemokratischen Partei in die provisorische Landesversammlung, und 1919 wurde sie in den steirischen Landtag gewählt. Gleichzeitig trat sie auch in den Vorstand der Allgemeinen Arbeiter-Krankenkasse (heute Gebietskrankenkasse) ein. Als Verfechterin der Sozialversicherung konnte sie einige Verbesserungen für Frauen durchsetzen:

  • In der Gesetzgebung für Heimarbeiterinnen und Hausgehilfinnen
  • Aufhebung des Eheverbotes für Frauen im öffentlichen Dienst
Weitere Forderungen:
  • Geburtenregelung (§144)
  • Ehejahre sollen wie Arbeitsjahre versicherungspflichtig sein
1928 wurde Martha Tausk von Friedrich Adler zur Sozialistischen Arbeiter Internationale berufen. Dort stand bis 1934 die Leitung der Schweizer Arbeiterinnen Zeitung „Das Frauenrecht“ unter ihrer Leitung.
1934 kehrte sie zurück nach Österreich, blieb hier aber nur für einige Jahre. Der Nationalsozialismus vertrieb Martha Tausk. Sie emigrierte 1939 zu ihrem ältesten Sohn nach Nijmegen (Niederlande), engagierte sich hier in der Flüchtlingshilfe und blieb bis zu ihrem Tod im Oktober 1957.


Zitat:
Unter den 20 sozialdemokratischen Abgeordneten war nun mit Martha Tausk auch eine Frau, dazu schreibt der Arbeiterwille vom 7.11.1918: „ .... Damit ist die Gleichberechtigung der Frau durchgesetzt.“ (Arbeiterwille, 7.11.1918)

Ausgewählte Literatur:
Brigitte Dorfer, Eine der ersten Frauen im steirischen Landtag. Biographische Notizen zu Martha Tausk, in: Über den Dächern von Graz ist Liesl wahrhaftig. Eine Stadtgeschichte der Grazer Frauen. Hg. von Carmen Unterholzer, Ilse Wieser . Wien 1996.

Gabriella Hauch, Der diskrete Charme des Nebenwiderspruchs. Zur sozialdemokratischen Frauenbewegung vor 1918. In: Sozialdemokratie und Habsburgerstaat. Hg von Wolfgang Maderthaner. Wien 1988.

Gabriella Hauch, Frauen im Parlament. Linz 1994.

Heinz Mank, Steiermarks Sozialdemokraten im Sturm der Zeit. Biographien, Daten, Fakten, Wahlergebnisse. Graz 1988.

Text und Recherche: Brigitte Dorfer

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