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INGE MORATH
Fotografin

Geboren am 27.5.1923, gestorben am 30.1.2002

Bezug zu Graz: geboren in Graz, viel Zeit in Graz u.a. bei der Großmutter (Alexandra Mörath) verbracht

Tätigkeit: Fotografin
Ausbildung: Sprachenstudium, Praktikantin bei Simon Guttmann
Familie: verheiratet mit Arthur Miller, Tochter Rebecca

Umfeld:
Freundschaften u. a. mit Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger, Ingeborg Day.
Mitarbeit bei Magnum

Inge Morath am Schreibtisch in Roxbury, USA - FotografIn: Andreas Mahr, Aufnahmejahr: 1991 Inge Morath  - FotgrafIn: Regina Strassegger, Aufnahmejahr: 2001
Alexandra Morath (Großmutter von Inge Morath) Apotheke in der Conrad v. Hötzendorfstraße, 2. von links Mathilde Wiesler (Mutter von Inge Morath) - Aufnahmejahr: 1917
Inge Morath (Mitte), Renate Moszkowicz (links), Regina Strassegger (rechts) - FotgrafIn: Stojan Kerbler, Aufnahmejahr: 2001
Inge Morath wurde am 27.Mai 1923 in Graz geboren. Nur wenige Wochen nach ihrer Geburt nahmen ihre Eltern (Edgar und Mathilde Mörath – den typisch deutschen Umlaut hat Inge Morath im Laufe ihrer internationale Karriere `verloren`), die beide als Wissenschafter arbeiteten, sie mit nach Deutschland. In Graz machte sie fortan nur mehr Besuche oder verbrachte hier ihre Ferien.
Sie kam aber immer wieder gerne zurück. Prägend waren vor allem ihre Großeltern – die Familie mütterlicherseits hat ihre Wurzeln in der ehemaligen Untersteiermark (Slowenien), daher auch die starke Verbindung Inge Moraths in dieses Region (vgl. dazu: Regina Strassegger, Inge Morath – Grenz.Räume.) Einer der Großväter arbeitete mit einer Großformatkamera, der andere Großvater hatte einen Stammplatz in der Oper und weckte ihr musisches Interesse.

Einen großen Einfluss in Inge Moraths Jugend hatte vor allem ihre Großmutter Alexandra Mörath, die durch ihr autonomes und an spirituellen und künstlerischen Dingen interessiertes Leben faszinierte. Alexandra Mörath bewohnte eine Wohnung im ersten Stock des Hauses Jakominiplatz 16; einige Jahre lang hatte sie eine Drogerie in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung, in der sie unter anderem den von ihr entwickelten Tabakersatz aus Kräutern „Mörathon“ vertrieb. Hergestellt wurde dieses Mittel und das ebenfalls in ihrer Drogerie vertriebene Waschmittel „Gertrude“ in der eigenen chemischen Fabrik, die sich in der Prankergasse in Graz befand.

Inge Morath lebte mit ihrer Familie (inzwischen bekam sie noch einen Bruder) in München, bei Berlin und dann in Frankreich. In Viches besuchte sie die erste Klasse und war gezwungen in kürzester Zeit Französisch zu lernen. Sie entdeckte und entwickelte ihr Talent für Sprachen. Nach kurzer Zeit in Frankreich zog die Familie nach Deutschland. Die häufigen Wohnungswechsel waren berufsbedingt durch die Eltern. Die Mutter arbeitete als Chemikerin und der Vater war Spezialist für Holzverarbeitung. In Berlin absolvierte Inge Morath die Matura und nach einem Jahr Arbeitsdienst, konnte sie zu studieren beginnen. In den Kriegsjahren begann sie ein Sprachenstudium und verbrachte einen mehrmonatigen Studienaufenthalt in Bukarest (Rumänien). Nach dem Staatsexamen wurde Inge Morath in einen kriegswichtigen Betrieb arbeitsverpflichtet, in dem auch zahlreiche Frauen, Kriegsgefangene aus der Ukraine arbeiteten. Während einer der zahlreichen Bombenangriffe flüchtete Inge Morath und folgte ihren Eltern nach Salzburg. Dort arbeitete sie für die amerikanische Besatzung.
1946 übersiedelte Inge Morath nach Wien, wo sie als Redakteurin zu arbeiten begann und verstärkt literarische Texte und Hörspiele für den neugegründeten Radiosender „Rot-Weiß-Rot“ schrieb. Im Laufe der Zeit wurde Inge Morath Teil der Wiener Kultur und Intellektuellenszene und schloss Freundschaften unter anderem mit Ingeborg Bachmann und Ilse Aichinger.
Sie schrieb Artikel für verschiedene Magazine, zum Beispiel für die Wiener Illustrierte und Heute (München). Für Heute, eine einflussreiche Illustrierte der amerikanischen Militärregierung, arbeitete Inge Morath als „picture editor“ in Wien. Zusammen mit Ernst Haas, dessen sozial engagierte Fotos ihr Interesse weckten, arbeitete sie im „Photograph – Reporter – Team“. „Über den Herausgeber von Heute, Warren Trabant, gelangten einige unserer Storys zu Robert Capa, der uns zum noch jungen Magnum-Team nach Paris rief. Wir stiegen mit viel Proviant und wenig Geld versehen in einen Zug von Wien nach Paris und blieben in Paris.“ (Inge Morath, Das Leben einer Photographin, Wien 1999. S. 13)
In Paris war sie Assistentin bei Henri Cartier-Bresson, für den sie Kontaktauszüge auswertete und sie begleitete verschiedene Fotografen auf Reisen.
1951 heiratete sie den Journalisten Lionel Birch. Sie zog zu ihm nach London und beendete ihre Arbeit bei Magnum. Auf einer Venedigreise mit Birch entdeckte Morath ihr Talent und ihre Liebe für die Fotografie. Sie begann mit der von ihrer Mutter geschenkten Kamera erste Fotos zu machen. Zurück in London arbeitete sie als Praktikantin beim Fotografen Simon Guttmann.
In dieser Zeit schickte Inge Morath unter dem Pseudonym ihres umgekehrten Namens Egni Tarom ihre Fotos an diverse Zeitschriften. „Manchmal verkaufte ich was, manchmal erhielt ich die Fotos zurück mit guten Ratschlägen wie: „Sehr geehrter Herr Tarom, Sie haben ein gutes Auge, aber ihre Technik lässt zu wünschen übrig.“ (Inge Morath, Das Leben einer Photographin, Wien 1999. S. 14)
1953 wird sie als Fotografin bei Magnum aufgenommen. Für Magnum machte sie Standfotos von John Houstons Film „Moulin Rouge“ und in Folge auch einige Fotoreportagen in anderen Ländern.
Ihre Reisen gingen in den Iran, Irak, nach Syrien und Jordanien (1956), entlang der Donau (1957 und 1958), nach Mexiko, Tunesien, Österreich, Tschechoslowakei, Italien, Deutschland und in die USA. Im Jahr 1956 veröffentlichte Inge Morath ihr erstes Buch „Guerre à la tristesse“. Gleichzeitig wurde ihre erste Ausstellung in der Galerie Würthle in Wien eröffnet.
In den 60iger Jahren kam Inge Morath in die Vereinigten Staaten, New York wurde häufiger Ausgangspunkt für ihre Reisen. Die ökonomischen Schwierigkeiten der großen Zeitschriften wurden immer größer, sodass Inge Morath, um ihre ökonomische Existenz abzusichern, auch für Werbeagenturen fotografierte.
Ende der 50iger Jahre arbeitete sie häufig für Filmproduktionen. Bei Filmaufnahmen zu „Misfits“ (die weibliche Hauptrolle in diesem Film hatte Marilyn Monroe) im Jahre 1960 lernte Inge Morath den Dramatiker Arthur Miller kennen. 1962 heirateten sie und im selben Jahr wurde die Tochter Rebecca geboren. Die Familie lebte in Roxbury, Connecticut, in einem kleinen Ort an der Ostküste – nur etwa 2 Autostunden von New York entfernt.
In den folgenden Jahren bereiste sie – zusammen mit ihrem Mann – Russland und China. Bevor sie auf Reisen ging, studierte Inge Morath die Sprachen dieser Länder.
Seit den 70iger und 80iger Jahren sind der Arbeit Inge Moraths zahlreiche Ausstellungen gewidmet – u.a. in den Vereinigten Staaten, Japan, Tokio, Schweiz, Madrid, Berlin.

In einem Gespräch mit Inge Morath im Jänner 2001, in dem wir unter anderem auch nach einem passenden Ort für sie in Graz suchten, entschied sie sich für die Wohnung der Großmutter Alexandra Mörath am Jakominiplatz. Inge Morath erzählte von der Faszination, die ihre Großmutter auf sie ausübte, von ihrem großen Verständnis und Interesse für Kunst und Kultur, von ihren Kostümfesten und von ihrem offenen Haus, in dem viele Freunde verkehrten. Inge Morath wollte mit diesem Ort auch an ihre Großmutter erinnern und auch sie damit würdigen.


Zitat: „Ich hatte nach dem Krieg oft unter der Tatsache gelitten, dass Deutsch meine Muttersprache, für den Großteil der Welt die Sprache des Feindes war. Obwohl ich Artikel auch auf Englisch und französisch schreiben konnte, trafen sie nicht den Kern. So war die Zuwendung zum Bild eine Notwendigkeit und eine Erleichterung.“ (Inge Morath, Das Leben einer Photographin, Wien 1999. S. 14)

Ausgewählte Literatur:
Inge Morath, Portraits. Salzburg, Wien 1999.
Inge Morath, Das Leben als Photographin. Wien 1999.
Kurt Kaindl, Inge Morath – Fotografien. Salzburg 2000.
Regina Strassegger, Inge Morath – Grenz.Räume. München, London, New York 2002.

Ausstellung: in Graz:
1992 Kulturhaus der Stadt Graz
2001 Stadtmuseum

Text und Recherche: Brigitte Dorfer
Dank an Inge Morath, Werner Mörath und Regina Strassegger


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