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HERTA FRAUNEDER - ROTTLEUTHNER
Architektin

Geboren am 11.12.1912 (Bruck/ Mur), gestorben am 21.4.1999 (Bruck/ Mur)

Thema: „Pionierinnen“ an der Technischen Hochschule Graz, Herta Frauneder- Rottleuthner steht symbolisch für die ersten Absolventinnen an der Technischen Hochschule Graz

Bezug zu Graz: Studium der Architektur und erste Absolventin der Fakultät für Architektur an der Technischen Hochschule, Graz

Umfeld: KollegInnen an der Technischen Hochschule u.a. Anna-Lülja Praun (hat bereits 1924 als erste Frau Architektur inskribiert, jedoch ihr Studium in Graz aufgrund politischer Schikanen der Nazis und einer schweren Erkrankung abgebrochen) und Heribert Eichholzer.

Erste Absolventinnen der anderen Institute:
Anorganische chemische Technologie und Analytische Chemie
1923: Martha Spira, Barbara Gyöngyössy
Vermessungswesen
1937: Erna Kosenburger, Margareta Krause
Maschinenbau
1947: Switlana Redko Redschenko
Bauingenieurwesen
1949: Alexandea Kolmakow
Elektrotechnik
1954: Sabine Austerweger

Herta Frauneder-Rottleuthner

Frei- und Hallenbad Graz Eggenberg (Modell)
Herta Frauneder wurde am 11.12.1912 in Bruck/ Mur geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters – 1914 – lebte sie mit ihrer aus Basel stammenden Mutter, ihren beiden Schwestern und ihrer Großmutter im Familienbesitz in Bruck/ Mur. Ihr Herkunft kommentierte sie mit den Worten: „Ich kam aus einem Frauenstaat.“
Der Großvater von Herta Frauneder war Baumeister, der unter anderem die Böhler-Werke in Kapfenberg geplant hat und auch Großgrundbesitzer in Bruck/ Mur war. Da es nach dem Tod des Vaters und des Onkels von Frauneder keine männlichen Erben gab, überschrieb er sämtliche Besitztümer der Stadt Bruck. Der Großmutter blieb ein Gutshof, der bewirtschaftet werden musste und das Überleben der Familie sichern sollte.

Herta Frauneder wurde mit der älteren Schwester ein Jahr früher in die Schule geschickt. Sie war eine außergewöhnlich gute Schülerin und maturierte bereits mit 17 Jahren am Realgymnasium in Bruck/ Mur. 1929 immatrikulierte sie an der Technischen Hochschule die Fachrichtung Architektur. Sie war die zweite Frau – nach Anna-Lülja Praun – die dieses Fach wählte. Die Aufnahme an der Technischen Hochschule war unfreundlich, Professoren reagierten mit besonders harten Prüfungen. Doch der starke Wunsch nach Selbständigkeit ließ sie ihren Platz behaupten. 1935 machte sie als erste Frau das Diplom. Schon während ihrer Studienzeit hat Herta Frauneder Praxis gesammelt, u.a. 9 Monate in Bielefeld (1933) und 5 Monate lang bei Heribert Eichholzer in Graz (1934).
Ihre erste Stelle bekam Herta Frauneder in Regensburg, jedoch war die Bezahlung so schlecht, dass sie nach 9 Monaten an Skorbut leidend kündigte und sich in Rumänien bei einer Freundin erholen musste.
„Ich habe mir nicht vorgestellt, dass ich ein Mädchen anstelle, ich hätte mir einen Architekten gewünscht,“ verlautete ihr nächster Chef (Ammersee, Deutschland), bei dem sie dann doch drei Jahre arbeitete. (zit. nach: Konecny/ Wagner S. 6)

1938 kehrte Herta Frauneder nach Österreich zurück – das bereits Ostmark war – und in den überall errichteten Hermann-Göhring-Werken gab es für Architekten viel zu bauen. Zu Beginn des Krieges heiratete sie den Architekten Ernst Rottleuthner, der bald nach ihrer Hochzeit in den Krieg gehen musste und erst 1947 endgültig zurückkehrte. Von 1941 – 1944 bekam sie drei Kinder, doch auch in dieser Zeit leitete sie ein selbständiges Büro und bereitete sich auf die ZiviltechnikerInnenprüfung vor, die sie im Jahr 1946 absolvierte. Bis 1968 arbeitete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann im eigenen Büro in Bruck/ Mur. Nach ihrer Scheidung 1968 führte Herta Frauneder das Büro, in dem ihre Tochter Elisabeth als Mitarbeiterin zur Seite stand, alleine weiter (bis 1988). Erst mit 76 Jahren trat sie ihre Pension an.

Bekannt wurde Herta Frauneder mit den Schwimmbädern, die sie gebaut hat. In Niklasdorf entstand 1953 das erste Bad nach ihren Entwürfen. Es folgten Bäder in Hartberg, Güssing, Hallein, Graz – Eggenberg, Bruck/ Mur, Trofaiach (Umbau). „Wesentlich für den Erfolg ihrer Bäder war der jeweils gut durchdachte innere Organisationsablauf, der sowohl Wettkämpfe als auch normalen Badebetrieb mit den verschiedenen Funktionen problemlos nebeneinander ermöglichte. ... Ihre Entwürfe waren eine subtile Wegeführung ohne Hinweisschilder, durch Blickpunkte, kleine Treppen und lebendigen Zäunen aus Berberitzen und Rosen.“ (Konecny/ Wagner S.6) Vor allem auch der Kleinstkinderbadebereich war ihr ein Anliegen. Herta Frauneder erfand die „Freilandgehschule“, ein in einer Mulde leicht abgesenktes Planschbecken, dass gut überschaubar war, um die Beaufsichtigung der Kleinen zu erleichtern.
Bekannt wurde Herta Frauneder auch mit ihren zahlreichen Möbelentwürfen und Einrichtungen – u.a. Konditorei Macher, Bruck/ Mur. Sie hat Schulen und Einfamilienhäuser gebaut, sozialen Wohnbau und Geschäftseinrichtungen geplant und realisiert und trotzdem war sie als Frau in ihrem Beruf unter großem Legitimationszwang: „Ja können Sie denn das überhaupt?“ hat Herta Frauneder im Lauf ihrer über 50 jährigen Tätigkeit als Architektin immer wieder gehört.


Zitat:
„Eine Frau muß immer bei Null anfangen.“ (zit. nach Konecny/ Wagner S.8)

„Ich kam aus einem Frauenstaat.“ (Herta Frauneder-Rottleuthner über ihre Familie)

Ausgewählte Literatur:
Felicitas M. Konecny, Anna G. Wagner, Lebenslinien, in: Eva & Co. Eine feministische Kulturzeitschrift. Heft 16 (Graz)

Frauen zu Graz. Acht berühmte Frauen in, aus und um Graz. Hg. von Brigitte Dorfer, Ilse Wieser. Graz 2000.

Text und Recherche: Brigitte Dorfer
Dank an Elisabeth Rottleuthner für die Gespräche und Materialien.


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