Martha Tausk
geborene Frisch wurde 1881 in Wien in eine sozialdemokratische Familie
geboren. Ihr Vater betrieb eine kleine Druckerei, in der die ersten Nummern
der Arbeiter–Zeitung gedruckt wurden. Martha und ihr Bruder erhielten Privatunterricht
bei Marianne und Auguste Fickert. (Auguste Fickert war Aktivistin der liberalen
bürgerlichen Frauenbewegung)
Gemeinsam mit der späteren
Physikerin Lise Meitner besuchte Martha einen Gymnasialkurs, der
sie auf die Matura vorbereiten sollte, für Mädchen ihrer Herkunft
durchaus nicht üblich.
Martha Frisch hatte diesen
Kurs aber nicht abgeschlossen. 1900 heiratete sie den späteren Psychoanalytiker
Victor Tausk. Mit ihm verbrachte sie die ersten Jahre ihrer Ehe in Bosnien.
Nach einigen Jahren kehrte die Familie – inzwischen waren zwei Söhne
geboren, nach Wien zurück.
Die Ehestreitigkeiten führten
schließlich zur Scheidung im Jahr 1908. Martha Tausk stand vor der
Situation, dass ihr die Vormundschaft über ihre beiden Söhne
nicht zugesprochen wurde (was in dieser Zeit üblich war), auch wenn
sie allein für die Erziehung ihrer Söhne aufkam und nur sehr
unregelmäßig und wenig finanzielle Unterstützung von ihrem
Mann bekam.
Martha Tausk arbeitete in
Wien als Buchhalterin und lebte mit ihren Kindern in sehr einfachen Verhältnissen.
Noch vor dem ersten Weltkrieg
hat sie sich den SozialdemokratInnen angeschlossen und als Rednerin ihr
rhetorisches Talent unter Beweis gestellt. Ihr Interesse galt den Arbeiterinnen,
ihrer Lebenssituation und ihren Rechten und natürlich dem Frauenwahlrecht,
das in Österreich 1918 nach langen Kämpfen eingesetzt wurde.
Von Hans Resel wurde Martha
Tausk 1917 nach Graz geholt. Sie lebte mit ihren Kindern in der Netzgasse
4 im Bezirk Lend.
Nach dem Ende des ersten
Weltkrieges zog Martha Tausk als erste weibliche Abgeordnete der sozialdemokratischen
Partei in die provisorische Landesversammlung, und 1919 wurde sie in den
steirischen Landtag gewählt. Gleichzeitig trat sie auch in den Vorstand
der Allgemeinen Arbeiter-Krankenkasse (heute Gebietskrankenkasse) ein.
Als Verfechterin der Sozialversicherung konnte sie einige Verbesserungen
für Frauen durchsetzen:
-
In der Gesetzgebung für
Heimarbeiterinnen und Hausgehilfinnen
-
Aufhebung des Eheverbotes für
Frauen im öffentlichen Dienst
Weitere Forderungen:
-
Geburtenregelung (§144)
-
Ehejahre sollen wie Arbeitsjahre
versicherungspflichtig sein
1928 wurde Martha Tausk von
Friedrich Adler zur Sozialistischen Arbeiter Internationale berufen. Dort
stand bis 1934 die Leitung der Schweizer Arbeiterinnen Zeitung „Das Frauenrecht“
unter ihrer Leitung.
1934 kehrte sie zurück
nach Österreich, blieb hier aber nur für einige Jahre. Der Nationalsozialismus
vertrieb Martha Tausk. Sie emigrierte 1939 zu ihrem ältesten Sohn
nach Nijmegen (Niederlande), engagierte sich hier in der Flüchtlingshilfe
und blieb bis zu ihrem Tod im Oktober 1957.
Zitat:
Unter den 20
sozialdemokratischen Abgeordneten war nun mit Martha Tausk auch eine Frau,
dazu schreibt der Arbeiterwille vom 7.11.1918: „ .... Damit ist die Gleichberechtigung
der Frau durchgesetzt.“ (Arbeiterwille, 7.11.1918)
Ausgewählte Literatur:
Brigitte Dorfer, Eine der
ersten Frauen im steirischen Landtag. Biographische Notizen zu Martha Tausk,
in: Über den Dächern von Graz ist Liesl wahrhaftig. Eine Stadtgeschichte
der Grazer Frauen. Hg. von Carmen Unterholzer, Ilse Wieser . Wien 1996.
Gabriella Hauch, Der diskrete
Charme des Nebenwiderspruchs. Zur sozialdemokratischen Frauenbewegung vor
1918. In: Sozialdemokratie und Habsburgerstaat. Hg von Wolfgang Maderthaner.
Wien 1988.
Gabriella Hauch, Frauen im
Parlament. Linz 1994.
Heinz Mank, Steiermarks Sozialdemokraten
im Sturm der Zeit. Biographien, Daten, Fakten, Wahlergebnisse. Graz 1988.
Text und Recherche: Brigitte Dorfer
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