Steirisch g’reimt

Von Elisabeth Tunner

Steirerkrone
13.03.2003

„Woment“ hoaßt a Großprojekt,
in dem die Wölt der Frau’n steckt,
die bedeutsaum wordn für Graz,-
ma muaß wieda sogn „Graz hat’s“.
Gedenktofln wurdn aungebrocht
Und leistungen werdn sichtboar gmocht
Von Frau’n aus vagaungner Zeit,
die Graz geprägt haum – und aa heit
gibt’s Frau’n in Graz. Die leben uns vor,
wos „Frauenpower“ is und woar.

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Drei Wege durch Graz
Graz ist die Kulturhauptstadt auch für zahlreiche Frauenprojekte – darunter die FrauenWEGE – die den religiösen Leistungen von Frauen nachspüren

Von Ulrike Saringer

Die Furche
12.- 20. März 2003

Sie war vielseitig begabt, sehr belesen, intellektuell, couragiert und auch ein wenig exzentrisch: die Grazer Sophie von Scherer. In einem offenen Sendschreiben bat sie 1848 die deutschsprachigen Bischöfe, die damals in Würzburg erstmals zu einer Bischofskonferenz zusammengekommen waren, der neuen „Los-von-Rom“-Bewegung, die bedenklich großen Zulauf hatte, entgegenzuwirken. Wichtig erschien ihr in diesem Zusammenhang innerkirchliche Reformen, unter anderem etwa theologisch und biblisch fundierte Seelsorge für Ausgetretene sowie die Einführung der Landessprache im Gottesdienst.
Zeitgleich mit Sophie von Scherer lebte und wirkte Maria Schuber in Graz und Rom. Sie war pädagogisch versiert, hochangesehen, selbständig und reiselustig. Die pädagogische Begabung scheint sie von ihrer Mutter – Maria Anna Schuber – zu haben. Mit Maria Anna Schuber sind die Anfänge des heutigen Grazer Bischöflichen Seminars verbunden. Ihr wird die Erziehung und geistliche Ausbildung der ersten Knaben anvertraut. Sie ist „durch volle acht Jahre in einer Person Regens, Generalpräfekt, Spiritual, Präfekt, Köchin und Putzfrau“, so der Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann. Ihre Tochter – Maria Schuber – brach nach fast 25 Jahren als Gründerin, Leiterin und Lehrerin einer Grazer Privat-Mädchenschule zu einer einjährigen Pilgerreise über Rom nach Jerusalem auf. Ihre Reiseeindrücke schreibt sie – zurück in Graz – in einem Briefroman nieder, der sich so großer Beliebtheit erfreute, dass er mehrfach rezensiert und zweimal wieder aufgelegt wurde. Als über 70jährige ließ sich Maria Schuber dauerhaft in Rom nieder.
Am Beginn des 20. Jahrhunderts beeindruckte durch ihre Arbeit und ihr Leben die Ordensfrau Maria Klara Fietz viele. Hochgebildet und zugleich von einer großen Leidenschaft für Gott ergriffen, war sie für viele Menschen ihrer Zeit Lebensberaterin. Da sie im Ruf der Heiligkeit stand, wurde bald nach ihrem Tod, der Seligsprechungsprozess eröffnet. Ob des 1996 positiv abgeschlossenen Tugendprozesses wird ihr der Titel „die Ehrwürdige“ verliehen.

Frauen-Spuren
All diese Frauen und unzählige andere hinterließen in Graz deutliche Spuren, die jedoch kaum oder gar nicht wahrgenommen werden und bekannt sind. „Das Schweigen über kirchlich und religiös prägende Frauen steht in einem deutlichen Missverhältnis zu dem, wie die männlichen Gestalten der Kirchen- und Religionsgeschichte repräsentiert wurden und werden“, bringt es die Kirchenhistorikerin Michaela Kronthaler auf den Punkt. Darum begab sie sich auf Spurensuche nach dieser Geschichte von religiös motivierten, kirchlich-gesellschaftlich oder –kulturell engagierten Grazer Frauen.
Mit detektivischer Akribie trug Kronthaler Informationen zu über 20 Grazer Frauen und Fraueninstitutionen zusammen, die einerseits in herausragender Weise zu den Kulturleistungen der Stadt Graz beigetragen haben und anderseits für heutige Frauen Vorbilder sein könnten. Damit ihre Erkenntnisse nicht wieder in Bibliotheken und Archiven verstauben und in Vergessenheit geraten, konzipierte sie die Idee der „FrauenWEGE“. „Es geht darum, das weibliche Antlitz der Kirchengeschichte wieder zu entdecken und in den Blick zu nehmen, bedeutende Frauen der Vergessenheit zu entreißen und ihr Wirken sichtbar zu machen.“ So Michaela Kronthaler bei der Eröffnung und Präsentation des Projekts „FrauenWEGE“.

Interreligiöse Initiative
Vorwiegend im Grazer Innenstadtbereich machen drei thematisch, interreligiös und überkonfessionell gestaltete Rundwege, „Sr.Dr. Maria Klara Fietz-Weg“, „Frieda von Mikola – Sophie von Scherer-Weg“, „Maria Schuber – Margret Bilger-Weg“, der Öffentlichkeit anhand konkreter Lebenswege und Wirkfelder die bewegte Geschichte und facettenreichen Leistungen von Grazer Frauen zugänglich. Es handelt sich dabei um Frauen, die von der Sprengkraft der Mystik und der Religion befähigt waren und wesentlich zur kirchlich-gesellschaftlichen Entwicklung beigetragen haben.
- Der „Sr.Dr. Maria Klara Fietz-Weg“ führt die Teilnehmenden auf die Spur von Frauenklöstern, weiblicher Spiritualität und Ordensgründerinnen.
- Der „Frieda von Mikola – Sophie von Scherer-Weg“ erinnert an die kirchlichen, (sozial)politischen sowie gesellschaftlichen Leistungen von religiös-bewegter Grazerinnen.
- Der „Maria Schuber – Margret Bilder-Weg“ erschließt das Leben und Wirken von Schriftstellerinnen und Künstlerinnen.

Frauenprojekte WOMENT!
Das Projekt „FrauenWEGE“ ist eine der zehn WOMENT!-Netz-Produktionen des feministischen Gesamtprojektes der Kulturhauptstadt Graz 2003. Das Ziel von WOMENT! ist es, Wissen über Frauen, Frauengruppen und für Frauen wichtige Ereignisse in, aus und um Graz zu vermitteln, damit die Geschichte von Frauen in Graz sichtbar zu machen.
Weitere WOMENT!-Netz-Produktionen sind unter anderen die 23 Gedenktafeln von „20+03 ORTE“ für herausragende und „widerständige“ Frauen und Frauengruppen, der „Infopoint“ im Stadtteilcafé Palaver oder die „Superfrau“, die für WOMENT! durch Graz schwebt.
Dass WOMENT! wirklich ein Netz ist, zeigt etwa, dass der „Maria Schuber – Margret Bilger-Weg“ in der Kapelle Maria von Magdala endet, dem ersten Sakralraum in Graz, der zur Gänze von einer Künstlerin – Minna Antova – gestaltet wurde- Diese Kapelle ist gleichzeitig ein Ort von „20+03 ORTE“.

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20 + 03 Orte für starke Grazerinnen

Von Michaela Reichart

Steirerkrone
11.03.2003

Die erste und einzige Hausbesetzung durch Frauen in Graz 1991 sorgt heute noch für gemischte Gefühle. Bei den offiziellen Stellen stieß das Anliegen von "Woment!", diesen Aufstand der Frauen mit einer der 23 Tafeln zu würdigen, auf wenig Gegenliebe. Die Genehmigung gabs dann doch noch. Und so ziert heute in der Zimmerplatzgasse 15 eine "Woment!"-Tafel die Mauer. Ziel der Frauen war es, mit friedlichen Diskussionen und Veranstaltungen ein autonomes Frauenzentrum in Graz einzurichten. Bis heute ist das nicht gelungen.

Damit endet unsere Serie über die 20 + 03 Orte, an denen das Graz 2003-Projekt "Woment!" die Leistungen von Frauen würdigt.

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Eine fliegt übers Kuckucksnest

Von Michaela Reichart


Steirerkrone
09.03.2003
Stmk, Morgen
Seite: 18

Frauen haben Graz verändert! Sie haben wichtige politische Entscheidungen getroffen, gesellschaftliche Strukturen verändert, Häuser geplant, für wesentliche Anliegen demonstriert. Eine Studie, die vor einigen Jahren in Auftrag gegeben wurde, hat jedoch ergeben, dass die Relationen, was die Würdigungen der Leistung von Frauen und Männern betrifft, einfach nicht stimmen. Von 127 Denkmälern in Graz waren nur vier Frauen gewidmet! Das hat sich jetzt allerdings - dank des ersten feministischen Projekts für eine Kulturhauptstadt "Woment!" - geändert.
Bettina Behr und ihr engagiertes Team haben sich im Rahmen von Graz 2003 die Aufgabe gestellt, die Geschichte von Frauen in unserer Stadt sichtbar und auch erlebbar zu machen. 23 Gedenk- und Würdigungstafeln hat die steirische Künstlerin Sabina Hörtner sehr farbenprächtig für das "Woment!"-Projekt "20 + 03 Orte" entworfen. Die Hintergrundrecherchen stammen von Ilse Wieser und Brigitte Dorfer, die Texte von der Autorin Eva Rossmann.
Die Tafeln sind aber nicht nur bunte Blickpunkte, sie dienen den Grazer "Frauenstadtspaziergängen" als Anhaltspunkte bei Führungen. "Bislang waren wir rein aufs Erzählen angewiesen, jetzt können wir auf konkrete, sichtbare Zeichen verweisen", freuen sich Wieser und Dorfer, die diese Führungen seit Jahren erfolgreich organisieren.
Mit Selbstlob halten sich die Damen von "Woment!" aber nicht lange auf. Im Mai dieses Jahres wird eine Theoriewerkstatt an der Grazer Universität unter der Leitung von Barbara Hey die Reaktionen auf die Tafeln kritisch untersuchen und die Frage stellen, ob sie überhaupt von den Grazern wahrgenommen werden.

Einen Schwerpunkt richtet das DOKU Graz mit seiner virtuellen Ausstellung "Plakativ!" auf die Grazer Frauenbeauftragten. Graz hat auch in dieser Hinsicht so manche Vorreiterrolle eingenommen. Religiös inspiriert sind hingegen die "FrauenWEGE" der katholischen Frauenbewegung, die sich ebenfalls "Woment!" angeschlossen hat, während das Video-Projekt "Make a sign" des Vereins Mafalda "Mädchenwelten" thematisiert.
Diese Vielseitigkeit wird eines möglich machen: die Würdigung von Frauen - in aller Öffentlichkeit!

23 neue Gedenktafeln wurden in Graz angebracht, um an Frauen und Frauengruppen zu erinnern. Eine ist der Widerstandskämpferin Maria Cäsar (hier mit Bettina Behr von "Woment!") gewidmet.

Ob als historische Kämpferinnen für Grundrechte, als Kochbuchautorinnen oder als Künstlerinnen. Der Einsatz für die Gleichstellung ist auch heute noch eines der Hauptthemen beim Internationalen Frauentag, der am gestrigen Samstag in Graz zelebriert wurde. Fotos: "Woment!" 3, Radspieler 2

Das Licht -> der Welt hat sie ja schon 1988 erblickt, als der Künstlerinnenverein Eva & Co die Intergalaktische Superfrau für Graz entwickelt hatte. Im Rahmen von "Woment!" kommt die Superfrau aber in der Kulturhauptstadt Graz ganz groß raus! und dass sie dabei über so manches Kuckucksnest fliegen wird, bleibt wohl nicht aus. Die Eröffnung des Graz 2003-Großprojekts "Woment" am Samstag war jedenfalls ein Hit. Den ganzen Tag über wurde ein umfangreiches Programm geboten, los gings mit der Präsentation der "FrauenWEGE".

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Das Überwinden der Widerstände

Von Colette M. Schmidt


Der Standard
08.03.2003
Ressort: Aktuell
Wien, Abend, Morgen
Seite: 34

Pünktlich zum Internationalen Frauentag wird heute "Woment!" in Graz eröffnet.

"Feminismus ist an sich nichts Bedrohliches, das Angst machen soll", beruhigt Bettina Behr, die Koordinatorin von Woment!, dem ersten feministischen Großprojekt einer europäischen Kulturhauptstadt. Trotzdem: Als die bisherige Bildungsreferentin des Frauenservice ins Graz 2003-Center einzog, um sich ganz Woment! zu widmen, kam sie sich zuerst etwas seltsam vor: "Da haben mich manche erst skeptisch beäugt."
Mittlerweile hat Behr das Gefühl, die meisten "entängstigt" zu haben, denn worum es ihr und den vielen Frauenorganisationen, deren Produktionen sie koordiniert, geht, ist vor allem "die Würdigung der Vielfalt von Menschen", und das muss keinen aufgeklärten Menschen stören.

Weibliche Vorbilder
Die Woment!-Frontfrau hat nach ihrer Ausbildung zur Bühnenbildnerin das feministische Grundstudium bei der Philosophin Ursula Kubes- Hofmann absolviert und wurde damit "Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik". Kubes-Hofmann ist auch ein Vorbild für Behrs Arbeit: "Feminismus hat immer etwas mit weiblichen Vorbildern zu tun. Wir brauchen nicht alles neu zu erfinden. Es hat vor uns Frauen gegeben, die sich gegen große Widerstände über Rollenklischees hinweggesetzt haben. Nur sind sie uns durch die Geschichtsschreibung oft nicht bekannt." Sie hatten unterschiedliche Ziele, aber dieselben Widerstände, die ihnen ihren Weg erschwerten.
Etwa die 1878 geborene Grazer Germanistin Christine Touaillon, eine Pionierin der Literaturwissenschaften, der zuerst die Habilitation in Graz verweigert wurde, oder die Grazer Hausmeistertochter Marisa Mell, die als Mädchen Schauspielerin werden wollte, am Reinhardt-Seminar studierte und eine internationale Karriere machte. Sie sind nur zwei der Frauen, die im Rahmen des Woment!-Projekts 20+03 Orte eine Würdigungstafel erhalten. Sabina Hörnter gestaltete die bunten Tafeln als 23 Abschnitte eines fortlaufendes Bandes, das sich als sichtbarer Faden weiblicher Geschichte durch die Stadt zieht. Eva Rossmann verfasste die Inschriften.
Nach dem Sichtbarmachen war Behr vor allem die Würdigung dieser Frauen wichtig. Unter ihnen sind auch viele äußerst lebendige wie die Komponistin Olga Neuwirth oder Grete Schurz, die 1986 zur ersten Frauenbeauftragten von Graz und Österreich wurde. Heute gibt es in allen Landeshauptstädten Frauenbeauftragte, aber nur jene von Graz - seit 2002 Dani Jauk - ist weisungsungebunden.
Am Freitagabend wurde das erste große Projekt von Woment! - eine Wortschöpfung aus "Woman" (Frau), "Movement" (Bewegung) und "Denkmal" (Monument) - eröffnet: Veronika Dreier, Eva Ursprung (sie sind die Mütter der "Superfrauen" am Logo von Woment!) und Doris Jauk-Hinz öffneten die Pforten des "Restaurant à la Katharina Prato" in der Sackstraße 29. Hier wird nach den üppigen Rezepten der großen Prato, die 1858 ihr erstes Kochbuch in Graz veröffentlichte und zur Bestsellerautorin wurde, gekocht.
Im Rahmen der Eröffnung am Samstag findet um 11 Uhr der Auftakt der "Frauenwege" vor den Schulschwestern am Kaiser-Franz-Josef-Kai 18 statt; um 13.30 Uhr wird im Café Palaver in der Griesgasse 8 der Videoclip Make ä Sign präsentiert; um 14 Uhr eröffnet die virtuelle Ausstellung Plakativ!; von 15 bis 16.30 Uhr startet ein FrauenStadtSpaziergang vor dem Annenhofkino; und um 19 Uhr beginnt das Eröffnungsfest im Forum Stadtpark. Aber auch Männer dürfen mit einem internationalen Frauenchor, einer Grazer Rapperin, DJs und Prato- Desserts im Superfrauen-Design von Lilli Philipp den Tag der Frauen feiern.

Bettina Behr, die Koordinatorin von "Woment!", konnte auch anfängliche Skeptiker vom weiblichsten Projekt der Kulturhauptstadt Graz überzeugen.

Foto: Woment!

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Keine Rosen ohne Dornen

Von Martin Behr


Salzburger Nachrichten
08.03.2003
Ressort: THEMA
Österreich, Salzburg
Seite: III

Die "Superfrau" schwebt über der Europäischen Kulturhauptstadt 2003. Das Projekt "Woment!" macht die Leistungen von Frauen in Graz sichtbar. Ein Würdigungsreigen von der Barock-Wirtin Anna Susanna Prandtauerin bis zur Komponistin Olga Neuwirth.


Mann, war das eine Aufregung: In einer Zeit, in der das Korsett zur Ausstattung der "anständigen bürgerlichen Frau" gehörte, in der unverheiratete Frauen bloß in Begleitung ausgehen durften und die Erfindung des pneumatischen Reifens als Grundlage für ein funktionstüchtiges Zweirad in erster Linie der sportiven Männerwelt zugute kam, revoltierte eine Frauengruppe gegen das Netz aus Konventionen.
Anno 1893 trafen sie sich in der Grazer Gastwirtschaft "Zum goldenen Steinbock" und führten die Gründungsversammlung des "Grazer Damen-Bicycle-Clubs" (GDBC) durch. Eine Novität in Österreich, im deutschen Sprachraum gab es nur ein Vorbild.
Die Ausfahrten ins Grüne wurden zu einer Manifestation weiblichen Selbstbewusstseins.
Im provokativen, weil engen Gala-Dress und mit der in der Öffentlichkeit umstrittenen Schirmmütze wurden unter der Leitung von "Fahrmeisterin" Louise Sorg allein im ersten Vereinsjahr mehr als 8700 Kilometer abgespult. Die vorwiegend aus großbürgerlichem Umfeld stammenden 27 Mitglieder des GDBC trugen maßgeblich dazu bei, dass Frauen auf Fahrrädern um 1900 kein "Anstandsproblem" mehr darstellten.

Denkmäler erinnern an Männergeschichte

Seit kurzem erinnert in Graz eine Gedenktafel an die mutigen Frauen, die erfolgreich gegen Männerdomänen geradelt sind. Eine von insgesamt 23 Tafeln, die zum Ziel haben, der Unsichtbarkeit der Geschichte von Frauen im öffentlichen Raum entgegenzuwirken.
Denkmäler haben ein Geschlecht: Sie erinnern (nicht nur) im Fall der steirischen Landeshauptstadt nahezu ausschließlich an die Geschichte von Männern. 167:3 lautet das ungleiche, schier unglaubliche Verhältnis. Um dieses Manko aufzuzeigen und darauf hinzuweisen, dass auch Frauen Geschichte gemacht haben, hat die 38-jährige Kultur- und Projektmanagerin Bettina Behr für "Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas" das Projekt "Woment!" entworfen. Eine Wortschöpfung, die auf die englischen Begriffe für Frau und Bewegung ("woman" und "movement") zurückgeht, freilich auch Assoziationen an "monuments" (Denkmäler), "men" (Männer) oder "Moment" zulässt. ",Woment!' ist eine Würdigung von Frauen. Ein feministisches Projekt, das Licht auf jene wirft, die widerständig gegen Zuschreibungen, wie Frauen zu sein haben, waren und sind", sagt Behr.
Mit "Woment!" wird erstmals in der Geschichte der europäischen Kulturhauptstädte ein feministisches Projekt realisiert. Acht Frauenorganisationen haben insgesamt zehn Teilprojekte entwickelt, als Logo dient die von den Künstlerinnen Eva Ursprung und Veronika Dreier entwickelte "Superfrau", die heuer nicht nur symbolisch, sondern auch via Plakattafeln über Graz schwebt. Eine attraktive Superheldin, die bereits 1988 - in einer Größe von sechs Metern - als Symbol für Graz als "intergalaktisches Zentrum für Superfrauen" mit einem Ballon gen Himmel schwebte. Die "Superfrau" war auch Schutzherrin eines Science-Fiction-Literaturwettbewerbes von "Eva&Co", der ersten feministischen Kulturzeitschrift Europas. 1981 in Graz gegründet, wurden aus Gründen der "leichteren Verdaulichkeit" unter anderem essbare Hefte mit Brot, Schinken, Oblaten und Zuckerguss produziert. "Wir gehen in den Untergrund und in den Himmel", lautete das Motto von "Eva&Co".
Das Würdigungstafelprojekt baut auf die von Ilse Wieser und Brigitte Dorfer konzipierten "FrauenStadtSpaziergänge" auf, heißt "20+03 Orte" und würdigt Frauen in, aus und um Graz. Die Germanistin Christine Touaillon (1878-1928) zum Beispiel, die sich im Jahr 1919 trotz höchster Qualifikation nicht habilitieren durfte. Begründung des Senats der Philosophischen Fakultät der Universität Graz: "Das Kollegium trägt starke Bedenken, ob Frauen überhaupt im Stande sind, auf junge Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren, in dem bestimmte spezifisch männliche Eigenschaften am stärksten hervortreten, den erforderlichen pädagogischen Einfluss zu nehmen."
In Wien wurde Touaillon zumindest als Privatdozentin für neuere deutsche Literatur zugelassen. Wann die erste Habilitation einer Germanistin in Graz erfolgt ist? Spät, sehr spät: Beatrix Müller-Kampel im Jahr 1993.
Gewürdigt wird auch die Schauspielerin Marisa Mell (1939-1992), die die ersten 18 Jahre ihres Lebens in der Uhrturm-Stadt verbracht hatte. Geboren als Marlies Moitzi, startete sie 1963 im Ken-Russell-Film "French Dressing" ihre internationale Filmkarriere, in der sie unter anderem mit Marcello Mastroianni, Alain Delon und Michel Piccoli zusammenarbeiten sollte. "Die Mell" scheiterte schließlich an den Vorgaben und Ausbeutungen des Star-Tums. "Ein Traumleben voller Glamour - die Liebe aber kam zu kurz. Der Film riss, als sie nicht mehr makellos sein konnte", schreibt die Autorin Eva Rossmann auf der an Mells ehemaligem Wohnort angebrachten Würdigungstafel.
Die in der Küche gebräuchliche Redewendung "Man nehme . . ." ist weithin bekannt. Wer aber weiß, dass sie auf Katharina Prato (1818-1897), eine im 19. Jahrhundert wohl bekannte Kochbuchautorin, zurückgeht? Ihr nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichtes Standardwerk "Die große Prato - Kochbuch der österreichischen und süddeutschen Küche, mit böhmischen, englischen, französischen, italienischen, serbischen und ungarischen Nationalspeisen" ist bis heute das auflagenstärkste Werk des Grazer "Styria"-Verlages. Für "Woment!" werden der "gespickte Kapaun" und andere Deftigkeiten eine kulinarische Renaissance erleben: Der Kunstverein "W.A.S." inszeniert ein "Restaurant a la Prato", in dem auch Lesungen und Installationen aufgetischt werden.
Wer noch auf den von der Künstlerin Sabina Hörtner gestalteten Gedenktafeln gewürdigt wird? Maria Cäsar, die heute 83-jährige, ehemalige Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus.

Aus Klauen männlicher Willkürherrschaft

Anna Susanna Prandtauerin (1600-1668), eine beliebte Wirtin, die sich wirksam gegen den Vorwurf, in enger Verbindung mit dem Teufel zu stehen, zur Wehr setzen konnte und sich so aus den Klauen der männlichen Willkürherrschaft befreite. Inge Morath (1912-2002), die weltberühmte Fotografin, Olga Neuwirth, 34-jährige Komponistin für Neue Musik, Martha Tausk (1881-1957), die erste weibliche Abgeordnete, die 1918 in den provisorischen Landtag einziehen konnte, oder die 1934 geborene Grete Schurz, die als erste Frauenbeauftragte in Österreich Pionierarbeit im Grazer Rathaus leistete. Bettina Behr: "Unter ihrem persönlichen Motto ,Keine Rosen ohne Dornen' kämpfte sie mit Kraft und Kreativität gegen die Benachteiligung von Frauen."
Eröffnet wird "Woment!", das auch ein Straßentheaterprojekt "KörperKult(ur)", die Erforschung interreligiöser und überkonfessioneller Frauengeschichte durch die katholische Frauenbewegung (",FrauenWege") oder die dem Themenkomplex "Identität, Erinnerung und Gedenken" verpflichtete Theoriewerkstatt "Movements-Monuments" umfasst, heute, Samstag, im Grazer Forum Stadtpark. "Wir wollen mit dem bis über das Kulturhauptstadtjahr hinausreichenden Veranstaltungsreigen dazu beitragen, weibliches Selbstbewusstsein zu ermutigen und zu einem umfassenden Begriff von Geschichte zu gelangen", erklärt die Projektleiterin und Koordinatorin Bettina Behr.

Die Superfrau schwebt symbolisch und via Plakat-Tafeln über der Kulturhauptstadt Graz.
Bilder: SN/Woment (2)

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KULTUR-TIPP



Steirerkrone
08.03.2003
Stmk, Morgen
Seite: 30
Heute startet das "Woment!"-Projekt durch. Um 11 Uhr findet mit dem ersten "Frauenweg 2003", ein Stadtrundgang zum Thema religiöse Frauengestalteten statt. Der Treffpunkt ist bei den Schulschwestern am Kaiser-Franz-Josef-Kai 16. Um 11 Uhr gibt es außerdem auch "Make ä Sign" in der 03-Bar am Mariahilferplatz. Dort präsentiert der Verein "Mafalda" Videoclips für Mädchen und junge Frauen.

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Weiberaufstand, Häwwi Mädels und Stolpersteine



Kleine Zeitung
08.03.2003
Stmk, Ressort: AVISO
Seite: 55

Am Internationalen Frauentag ist nicht nur Graz ein "Intergalaktisches Zentrum für Superfrauen". Starke Aktionen gibt es heute steiermarkweit.

So feiert man unter dem Motto "Stolpersteine" im Kulturzentrum Kapfenberg mit der bekannten Kabarettistin Irene S., die ihr Programm "Häwwi Mädels" zeigt. Im Pfarrsaal Knittelfeld gibt es ein biologisches Büffet und griechisches Tanzen für Frauen und auch die Feier der Migrantinnen in Graz wird multikulturell sein. Das "Frau Sein" wird dort mit einem unterhaltsamen, gemütlichen Nachmittag im "ISOP" gefeiert.
In Graz startet das feministische 2003-Projekt "WOMENT!" (zusammengesetzt aus women, movement, monument, men, memory und moment) mit einer ganzen Reihe von Terminen. Den Auftakt machen die "FrauenWEGe 2003" bei den Schulschwestern, danach werden im Café Palaver der Videoclip "Make ä Sign" und die virtuelle Ausstellung "Plakativ" präsentiert und beim Annenhofkino trifft man sich zu einem "FrauenStadtSpaziergang" zum Thema Widerstand.
"Wir holen die Frauenpolitik aus dem Schatten" heißt die Aktion am Grazer Hauptplatz. Das "WOMENT!" Eröffnungsfest und der Weiberaufstand beenden den Internationalen Frauentag im Forum Stadtpark.

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DIE THESE
DEBATTE Zu was braucht ma des ?
"Benachteiligung der Frauen hat Bestand."

Von Grete Schurz

Kleine Zeitung
8.03.2003
Stmk, Ressort: BL-THEMA
Seite: 14

DIE THESE

zum heutigen Internationalen Frauentag

Erinnern Sie sich noch? Unser Sozialminister war bis vor kurzem auch für Frauenfragen zuständig. Was so ein altgedienter Burschenschafter als Frauenverantwortlicher im Sinn hatte, entpuppte sich bald in seiner Neuschaffung eines gut dotierten Männerreferates, um uns endlich auch über das Elend des starken Geschlechts aufzuklären. Misstrauische Bürgerinnen und Bürger sahen darin eine schlecht verschleierte Strategie, wesentliche Anliegen zur gesellschaftlichen Gleichberechtigung von Frauen auf das Abstellgleis zu schieben.
Jedoch schrieb schon Marie von Ebner-Eschenbach: "Als eine Frau lesen lernte, trat die Frauenfrage in die Welt!" Die "holde Weiblichkeit", inzwischen hoch gebildet und demokratiebewusst, ist nicht mehr willens, sich nur auf die Rolle der Familienmutter und "Hüterin des Hauses" zu beschränken. Gut informiert, sind Frauen besonders über ihre Diskriminierungen in der Arbeitswelt empört.
Diskriminierungen, die sich in eingeengten Karrierechancen, schlechterer Einstufung von Frauenarbeit innerhalb der gewerkschaftlichen Lohnpolitik und entsprechend magerer "Geldbeutelfüllung" niederschlagen. Traurig, aber wahr - unser Land nimmt den Spitzenrang in der EU bezüglich Einkommensgefälle zwischen den Geschlechtern ein: Frauen verdienen um 45 Prozent weniger als Männer.
Die Armut wird wohl noch lange weiblich bleiben, zumal im neuen Regierungsprogramm die Armutsbekämpfung nicht mehr enthalten ist. Mit Maria Rauch-Kallat macht erfreulicherweise wieder eine Ministerin Frauenpolitik. Mit ihr steht eine Politikerin am Prüfstand, die als Familienministerin nicht davor zurückschreckte, sich als Feministin zu deklarieren.
Wir können vermutlich keine ausgesprochen kämpferische "Johanna" für Frauenegalität erwarten, aber mehr als ihr Vorgänger wird sie zustande bringen müssen, um nicht als bedeutungslos oder gar reaktionär abgehakt zu werden. Das wichtige Frauenvolksbegehren sei ihr in Erinnerung gerufen!
Abschließend ein Blick ins Steirerland! Trotz aller wirklich erfreulichen "woment!"-Projekte , die sich Frauen in Graz mit viel Grips erkämpft haben, gibt es bedauerlicherweise auch Beschämendes zu berichten. Hätte nicht Bildungsministerin Gehrer Frauen in die höchsten Gremien der Universitäten nachträglich hineingehievt, alle Räte der fünf steirischen Universitäten könnten im Gruppenbild ohne Damen ihres Amtes walten. Wie sehr Frauen in Spitzenpositionen geschätzt werden, zeigt außerdem der Umstand, dass es neben unserer Landeshauptfrau kein weibliches Regierungsmitglied im Land gibt.
Wenn es darum geht, Frauen beim Aufstieg auf der Karriereleiter zu unterstützen, denken sich zu viele Männer offenbar noch: "Zu was braucht man des!" Leider finden sie für diese egoistische und fortschrittsfeindliche Haltung auch weibliche Unterstützung, was mich besonders traurig stimmt.

Grete Schurz war langjährige Grazer Frauenbeauftragte und Frauenhaus-Mitbegründerin.

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Kulturhauptstadtreport
WOMENT!

Von Heimo Sver

Die Steirische
08.03.2003

Geschichte in Graz sichtbar machen, Frauengeschichte, wohlgemerkt, allein darum geht es in dem von Bettina Behr konzipierten zehnteiligen 2003-Projekt WOMENT! – die erste wirklich feministische Produktion überhaupt, innerhalb der bisherigen Kulturhauptstädte -, die sich als visualisierende Momentaufnahme bisher übersehenen „Frauenseins“ innerhalb unserer Gesellschaft versteht. Und das reicht von der Würdigung bekannter Grazerinnen („20+03 Orte“), die in Form von Gedenktafeln den öffentlichen Raum schmücken, über die virtuelle Präsentation der Geschichte der heimischen Frauenbeauftragten („PLAKATIV“) bis hin zum interaktiven Theaterprojekt („KÖRPERKULT(UR)“ des Frauengesundheitszentrums Graz, worin sich die „Dimensionen des Körperlebens von Frauen“ darstellen. Flapsig könnte man WOMENT auch mit dem feuchtfröhlichen Männerspruch: „Man kann nicht mit ihnen und schon gar nicht ohne sie leben!“, umschreiben. Denn trotz aller feindseligen Essenz, die dieser Satz zweifelsfrei präsentiert, birgt zumindest die zweite Hälfte fundamental Wahres in sich. Ehrlich gesagt nämlich: Ohne „sie“ würd’ wohl kaum was weitergehen. Deshalb ist es nur recht und billig wie längstens notwendig, das auch zeigen zu dürfen.

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