Allgemein bekannt ist, dass Graz die europäische Kulturhauptstadt 2003 ist. Schon weniger bekannt sind jedoch die verschiedenen Programmpunkte im Rahmen dieses Ereignisses. Einer davon befasst sich mit der Geschichte von Frauen in Graz – eine Premiere innerhalb dieser europäischen Initiative. Lizzi Kramberger sprach mit Maga Bettina Behr, der Koordinatorin von "WOMENT!".
L.K.: Wie ist überhaupt die Idee entstanden, im Rahmen von Graz 2003 speziell etwas zu/für Frauen zu machen?
B.B.: Das war eine Folge aus mehreren Gedanken. Das eine ist, dass ich selber 5 Jahre lang im Frauenservice als Bildungsreferentin tätig war, und da war es eine meiner Aufgaben, die FrauenStadtSpaziergänge, geleitet von Ilse Wieser und Brigitte Dorfer, zu betreuen. Jedes Jahr saßen wir zusammen und besprach das Programm. Im Jahr 2000 war meine Idee, eine Art Gedenktafeln für Frauen in Graz zu entwickeln, um so der bisher bestehenden Unsichtbarkeit der Geschichte von Frauen im Stadtraum entgegenzuwirken. Außerdem sollten auf diese Art auch die Erkenntnisse der Grazer FrauenStadtSpaziergänge einem größeren Publikum zur Verfügung gestellt werden.
Ich habe diese Idee dann der Graz 2003 und der Assistentin des Intendanten Kathi Hofmann-Sewera, gemeinsam mit Eva Ursprung, Veronika Dreier und anderen zukünftigen Partnerinnen vorgestellt und im Jänner 2001 konnten wir bereits die erste Idee einreichen.
Im November 2001 wurde WOMENT! schließlich in das Programm von Graz 2003 aufgenommen. Es ist das erste feministische Projekt in der Geschichte der Kulturhauptstädte Europas!
L.K.: Welche Ideen stehen dahinter?
B.B.: Eine Hauptidee ist sicher die Zusammenarbeit der beteiligten Frauenprojekte in einem Verbund, in einem Netzwerk. Dann ist natürlich das Sichtbarmachen von Frauengeschichte - in verschiedenen Formen - ein wichtiger Punkt: einmal als FrauenStadtSpaziergänge, dann in Form von Gedenktafeln, die auch über das Jahr hinaus bestehen bleiben. Feministisches Wissen öffentlich zu machen ist ebenfalls eine wichtige Grundidee. Außerdem werden die einzelnen Frauenorganisationen wieder mehr ins Blickfeld gerückt; wir können einerseits öffentlich zeigen, wieviel dort geleistet wird, andererseits stärkt das auch innerhalb der einzelnen Organisationen.
L.K.: Wie kam es überhaupt zu dieser Kooperation der unterschiedlichen Frauenprojekte und wie läuft sie jetzt?
B.B.: Die ersten Partnerinnen meldeten sich gleich vor Beginn der ersten Gespräche mit Graz 2003, andere kamen erst später dazu. Ich musste als Koordinatorin natürlich Kriterien entwickeln, welche Projekte ins Konzept aufgenommen werden konnten. Für das vorgegebene Budget waren manche einfach zu groß konzeptualisiert. Außerdem schien es mir wichtig, ein Mädchenprojekt miteinzubeziehen, da für diese Zielgruppe gar nichts eigenes im Graz 2003 Programm vorgesehen war. Auch sollte aufgegriffen werden, was in den Frauenorganisationen bereits zu dieser Thematik vorhanden ist, und darüber hinaus sollte das ganze Programm noch möglichst vielfältig werden.
Die Zusammenarbeit verläuft bisher sehr gut. Ich selbst bin einerseits die Koordinatorin des ganzen und andererseits die Leiterin des größten Projekts, nämlich von 20+03 ORTE, zur Würdigung von Frauen in, aus und um Graz. Für mich ist der Arbeitsaufwand daher riesig, ich hätte - im nachhinein betrachtet - mehr Personal einplanen sollen. Momentan geht es vor allem um die Fixierung der Termine für den 7./8.März.
L.K.: Was genau ist überhaupt geplant?
B.B.: Geplant sind die 10 sogenannten WOMEMT!-Netz-Produktionen:
1. 20+03 WOMENT!-Orte. Das sind 23 Würdigungsstätten für Frauen und Frauengruppen - in Form von Gedenktafeln. Diese werden Vergangenheit und Gegenwart von Grazer Frauengeschichte sichtbar machen, und in 10 FrauenStadtSpaziergängen soll diese Geschichte dann vermittelt werde. Die Auswahl der Orte übernahmen Ilse Wieser, Brigitte Dorfer und ich, entworfen wurden die Würdigungstafeln von der Künstlerin Sabine Hörtner und die Inschriftstexte stammen von Eva Rossmann. Dieses Projekt ist das größte innerhalb von WOMENT! und die Tafeln werden über das Jahr 2003 hinaus bestehen. Trägerverein ist das Frauenservice Graz.
2. Der WOMENT-Infopoint im Stadtteilcafe Palaver informiert über das gesamte Projekt und sämtliche Fraueneinrichtungen in Graz.
3. Das Projekterkennungszeichen ist die SUPERFRAU von Veronika Dreier und Eva Ursprung, die ja bereits 1988 erfunden wurde. Diese wurde von den Künstlerinnen für WOMENT! zur Verfügung gestellt und sie wird als Werbeträgerin auf Kugelschreibern und Feuerzeugen zu sehen sein, die von der Stadt produziert werden, sowie auf den bereits in der Stadt montierten Fähnchen.
4. Die WOMENT!-Website http://woment.mur.at gibt unfassende Informationen. Alle WOMENT!-Produktionen sind hier abrufbar, zu allen Projekten gibt es ausführliche Hinweise. So sind z.B. auch alle 23 Würdigungstafeln ausführlich dokumentiert.
5. "FrauenWEGE" ist das Projekt der Katholischen Frauenbewegung Steiermark zusammen mit dem Institut für Kirchengeschichte. Die machen sozusagen Frauenstadtspaziergänge, speziell auf den Spuren religiös bewegter Frauen aus dem christlich-jüdischen Kulturkreis.
6. "KörperKult(ur)" ist das Projekt des Frauengesundheitszentrums Graz. Hier erarbeiten Frauen in Workshops Straßentheateraufführungen, die dann im Juni gezeigt werden sollen. Der genaue Titel lautet "Auf den Leib geschrieben. KörperKult(ur): Weibesfülle und Widerwille" und die Stücke beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Dimensionen des Körpererlebens von Frauen. Zu den Akteurinnen gehören einerseits Mitarbeiterinnen des Frauengesundheitszentrums und andererseits Frauen von InterACT, die schon seit längerer Zeit interaktive Theateraufführungen machen. Die Produktionen können dann über das Jahr 2003 hinaus von MultiplikatorInnen angefordert werden.
7. MAKE ä SIGN ist der Videoclip des Vereins MAFALDA (Beratung und arbeitsmarktspezifische Projekte für Mädchen), unter dem Motto Mädchen bzw. auch das Mädchenzeichen - kennen ja nur die wenigsten! - in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
8. Mit "PLAKATIV!" präsentiert das DOKU GRAZ die Geschichte der Frauenbeauftragten der Stadt Graz. Graz war ja die erste Stadt, die eine unabhängige Frauenbeauftragte installiert hatte, und zwar war das Grete Schurz. Danach folgten Barbara Kasper, Doris Kirschner und die derzeitige Beauftragte Daniela Jauk. "PLAKATIV!" ist eine virtuelle Ausstellung und wird vielleicht auch in Form einer Wanderausstellung realisiert werden.
9. "Movements-Monuments" ist das Symposium der Interuniversitären Koordinationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung Graz, zu dem Themenkomplex "Identität, Erinnerung, Gedenken" im Mai, das man auch als eine Art Reflexionssymposium zum Projekt MOVEMENT! selbst sehen kann.
10. Das "Prato-Restaurant", in dem nach Rezepten der berühmten Grazer Kochbuchautorin Katharina Prato (1818-1897) gekocht wird, und das vom Kunstverein W.A.S. realisiert wird. In einem Grazer Restaurant in der Sackstraße wird ab März täglich zumindest ein Prato-Gericht angeboten werden, die Speisekarte wird von Dreier/Ursprung gestaltet.
L.K.: Wie schaut das Budget aus?
B.B.: Alle 10 Produktionen haben ein Budget von etwa 255.000,- Euro, das sind nicht einmal 5 Prozent vom Gesamtbudget der Kulturhauptstadt, es ist damit ein kleineres Projekt - von über 100 - im Rahmen von Graz 2003. Wichtig war es für uns, auch nach den finanziellen Kürzungen, wesentliche Teile nicht herausstreichen zu müssen. Wir wollten noch so arbeiten können, dass das Projekt seinen inhaltlich Sinn nicht verliert. Und natürlich achten wir auch darauf, dass die Arbeit nicht in Richtung Ausbeutung geht. Ich glaube, das ist uns bis jetzt auch gelungen.
L.K.: Ihr seid auch in den Medien präsent?
B.B.: Wir haben Medienkooperationen mit der SteirerKrone, in der jeden Dienstag ein Ort der "23+03 ORTE" vorgestellt wird. Wir erreichen damit Menschen, die sonst mit dieser Thematik nur wenig zu tun haben. Medienpartnerin ist dieStandard.at, und der Verein mur.at stellt uns den webspace zur Verfügung. Ich achte immer darauf, dass das Projekt öffentlich präsent ist, was aber auch einen negativen Effekt hat, nämlich den, dass immer mehr auf uns aufmerksam werden und uns auch jetzt noch Projekte anbieten, die aber nicht mehr unterzubringen sind - auch wenn es schön wäre, sie noch dabei zu haben.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass das ganze Projekt für mich sehr spannend ist: von der ursprünglichen vielleicht zehnminütigen Vision, was das werden kann und wie das ausschauen könnte, bis zur jetzigen Umsetzung. Der Untertitel von WOMENT! lautet ja "Geschichte von Frauen in Graz wird sichtbar", und ich denke mit 7./8.März 2003 können wir dann sagen: Geschichte von Frauen in Graz ist sichtbar!
WOMENT! - Eröffnung
7.März
20.00 Eröffnung des "Restaurant a la Prato" mit einer multimedialen Veranstaltung im restaurant.mayers (Sackstr.29/III)
8.März
11.00 1.FrauenWEG 2003
Treffpunkt: Schulschwestern (Kaiser-Franz-Josefs-Kai 18)
13.30 Präsentation des Videoclips MAKE ä SIGN im Stadtteilcafe Palaver (Griesgasse 8)
14.00 Präsentation von PLAKATIV! im Stadtteilcafe Palaver
15.00 1.FrauenStadtSpaziergang 2003. Thema: Widerstand
Treffpunkt: Annenhofkino (Annengasse 29)
Ab 19.00 WOMENT!-Eröffnung
Forum Stadtpark (Stadtpark 1)
Ab 21.00 Fest zum Internationalen Frauentag (in Koop. mit 8.März Komitee) Forum Stadtpark
Weitere Informationen unter: info@graz03.at