„Denkmäler zeigen nicht unbedingt, woran sich eine Gesellschaft erinnert -
Denkmäler sind vielmehr Zeichen für den aktuellen Zustand einer Gesellschaft.“
Brigitte Dorfer
Wussten Sie, dass der erste österreichische Frauenfahrradverein in Graz gegründet wurde? Der Grazer Damen-Bicycle-Club (1893-1889) radelte nicht nur zur eigenen Erbauung, sondern trug auch wesentlich zur Auflösung von Konventionen bei. Wussten Sie, dass 1982 die erste feministische Kulturzeitschrift Europas in Graz gegründet wurde? Die Künstlerinnen von „Eva & Co“ gaben die gleichnamige Zeitschrift bis 1992 heraus und veranstalteten Aktionen, wie zum Beispiel „Graz – Intergalaktisches Zentrum für Superfrauen“. Bisher war das Wissen über sie und andere Frauen, die das Leben in der Stadt veränderten, wenig bekannt.
Die Künstlerin Veronika Dreier erstellte 1990 für die damalige Grazer Frauenbeauftragte Grete Schurz eine Studie: von 193 Gedenktafeln, Denkmälern, Plastiken waren vier Frauen gewidmet! Bei den Straßennamen ist es ähnlich: Karl Kubinsky und Astrid Wentner, HerausgeberInnen des Buches „Grazer Straßennamen“, wunderten sich, dass mehr Straßen nach Vogelnamen als nach Frauen benannt sind.
Um der bisher bestehenden Unsichtbarkeit der Geschichte von Frauen im Grazer Stadtraum entgegenzuwirken, entwickelte ich im September 2000 die Idee zu „WOMENT!“: Anlässlich von Graz 2003 - Kulturhauptstadt Europas und darüber hinaus sollen 23 Orte in Graz Geschichte und aktuelle Leistungen von Frauen würdigen. Damit würden auch die von Brigitte Dorfer und Ilse Wieser in über einem Jahrzehnt gewonnenen Erkenntnisse der Grazer FrauenStadtSpaziergänge einem großem Publikum zur Verfügung stehen.
Das DOKU GRAZ, das Frauengesundheitszentrum, Frauenservice und Stadtteilcafe Palaver, die Interuniversitäre Koordinationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung, die Katholische Frauenbewegung, Mafalda und der Kunstverein W.A.S. schlossen sich in der Folge als WOMENT!-Netz-Partnerinnen an diese Idee an.
Im November 2001 wurde WOMENT!, zehn Produktionen umfassend, in das Programm von Graz 2003 aufgenommen. Damit ist es das erste feministische Projekt in der Geschichte der Kulturhauptstädte Europas. Als eines von über hundert Projekten ist es - vor allem finanziell, als kleines Projekt im Rahmen des Gesamtprogrammes von Graz 2003 zu sehen.
Bisher wurden realisiert: die WOMENT!-Website, seit September 2002 unter http://woment.mur.at (Webdesign: Doris Jauk-Hinz) online; der WOMENT!-Falter mit dem Überblick zu den zehn WOMENT!-Produktionen und das Jahresprogramm der FrauenStadtSpaziergänge 2003 sind erhältlich. Unser WOMENT!-Infopoint im Stadtteilcafe Palaver (Projektleitung: Lisa Rücker) wurde am 9. Jänner 2003 eröffnet.
WOMENT! - 20+03 ORTE
Zur Würdigung von Frauen in, aus und um Graz
Im der größten WOMENT!-Netz-Produktion „20+03 ORTE“ (Trägerinnen: Frauenservice) ist die Anbringung von 23 Würdigungstafeln zur Geschichte der Grazer Frauen der wichtigste Arbeitsschwerpunkt. Eine Gemeinsamkeit der ausgewählten Frauen, Frauengruppen sowie für Mädchen/Frauen/Lesben wichtigen Orte und Ereignisse ist Widerständigkeit - gegen traditionelle weibliche Anforderungen und Rollenzuschreibungen, gegen totalitäre Systeme, gegen Gewalt ... die jeweilige Form der Widerständigkeit ist unterschiedlich.
Geehrt werden u.a. die Widerstandskämpferin Maria Cäsar (*1920), die weltberühmte Fotografin Inge Morath (1923-2002), die erste Frauenbeauftragte Österreichs in Graz, Grete Schurz (*1934) oder die berühmte Kochbuchautorin Katharina Prato (1818-1897). Wir erinnern auch an das Erste Autonome Frauenzentrum der Steiermark (1977-1981) oder die erste weibliche Abgeordnete im Steirischen Landtag, die Sozialdemokratin Martha Tausk (1881-1957).
Zur Gestaltung der Tafeln wurde im Mai 2002 ein Wettbewerb durchgeführt, den die Künstlerin Sabina Hörtner für sich entscheiden konnte. Die Inschriftstexte wurden von der Journalistin und Autorin Eva Rossmann erarbeitet.
Der Erhalt der Genehmigungen zur Anbringung der Würdigungstafeln an ehemaligen Wohn- oder Wirkungsorten der Geehrten war ein schwieriger Weg, mittlerweile sind – fast - alle Genehmigungen eingeholt. Die Tafeln werden im Feber 2003 angebracht und werden zur WOMENT!-Eröffnung am 8. März, dem Internationalen Frauentag 2003, in Graz zu sehen sein.
Weitere WOMENT!-Netz-Produktionen:
Die SUPERFRAU der Künstlerinnen Veronika Dreier und Eva Ursprung ist unser Erkennungszeichen, auch „Superfrau“-Feuerzeuge und –Kugelschreiber werden die Projektidee verbreiten (ab Feber).
Das Projekt „FrauenWEGE“ der Katholischen Frauenbewegung erforscht und vermittelt interreligiöse und überkonfessionelle Frauengeschichte. Projektleitung: Maria Irnberger. Start: 8. März.
Das interaktive Straßen-Theaterprojekt des Frauengesundheitszentrum Graz (gemeinsam mit InterACT) widmet sich dem Thema „Auf den Leib geschrieben. KörperKult(ur): Weibesfülle und Widerwille“. Projektleitung: Sylvia Groth. Ab 27. Juni.
Der Verein Mafalda - Beratung und Projekte für Mädchen - produzierte den Videoclip „MAKE ä SIGN“. Projektleitung: Ingrid Erlacher. Start: 8. März.
Die Theoriewerkstatt der Interuniversitären Koordinationsstelle für Frauenforschung – und studien der Universitäten Graz unter dem Titel „Movements-Monuments“ setzt sich mit Identität, Erinnerung, Gedenken und Denkmälern auseinander. Projektleitung: Barbara Hey: Termin: 15. – 17. Mai.
Das Projekt „PLAKATIV!“ des DOKU Graz wird als virtuelle Ausstellung die Geschichte der Frauenbeauftragten der Stadt Graz präsentieren. Ab 8. März unter www.doku.at/plakativ.
Im „Restaurant a la Katharina Prato“ wird nach Rezepten der berühmten Grazer Kochbuchautorin gekocht. Gestaltung: Eva Ursprung, Veronika Dreier. Start: 7. März.
Angesichts der fortdauernden Gewalt gegen Frauen, gegen „die Anderen, die Fremden“, ist das Projekt WOMENT! als ein Versuch zu verstehen, der Entwürdigung, dem Verschweigen und dem Unsichtbarmachen der Vielfalt menschlichem - insbesondere weiblichem - Lebens entgegenzuwirken.
Bettina Behr
„Nothing happens in the ‚real’ world
unless it first happens in the images in our heads.”
Gloria Anzaldúa
Veranstaltungsankündigung:
WOMENT!
Würdigung von Frauen für Frauen in aller Öffentlichkeit
Bettina Behr präsentiert die Entstehung, die Inhalte, und die Zusammenarbeiten des von ihr entwickelten ersten feministischen Projektes in der Geschichte der Kulturhauptstädte Europas.
Wie ist das Projekt WOMENT! entstanden? Was umfasst es? Wie ist WOMENT! im Rahmen von „Graz 2003“ positioniert? Was wurde bisher realisiert, wie geht es weiter, was bleibt?
Das Sichtbarmachen der Geschichte und Leistungen - insbesondere widerständiger - Frauen und Frauengruppen und ihrer jeweiligen Strategien ist eine wesentliche Grundlage zum Aufzeigen und in weiterer Folge zur Entwicklung von Handlungsspielräumen. Tabubrüche werden dabei auch notwendig, die Positionierung zu den Themen Feminismus/Feminismen, Öffentlichkeit, Macht ist eine wesentliche Basis.
Was bedeutet es,
- gemeinsam mit anderen, vor allem (doch nicht nur) weiblichen Menschen
- den Raum für feministisches Wissen in der Öffentlichkeit zu vergrößern?
Anschließend Möglichkeit zur Diskussion.
Referentin:
Mag.a Bettina Behr,
WOMENT!- Initiatorin und Koordinatorin, Konzeption und Projektleiterin von „20+03 ORTE“, Graz
Termin: Donnerstag, 24. April, 20.00
Ort: Frauengetriebe Bregenz